Ich und Zeitfahren? Über eine Stunde Vollgas, Kopf unten lassen und einfach nur treten? Für mich als begeisterter Langstrecken- und Genussradler ehrlich gesagt völliges Neuland. Zwar bin ich 4 Jahre lang Straßenrennen gefahren und kann mich grundsätzlich auch ganz gut quälen, allerdings klappt dies deutlich besser, wenn ich ein „Zugpferd“ vor mir habe, an dessen Hinterrad ich optimalerweise kleben bleiben muss. Mich also ganz alleine auf der Strecke zur berühmt berüchtigten Kotzgrenze pushen? Für den King of the Lake am wunderschönen Attersee im Salzburgerland konnte ich also endlich mal wieder mein wunderschönes und mittlerweile eingestaubtes Zeitfahrrad aus der Versenkung holen.
Der King of the Lake, für Freunde des gepflegten Radsports sicherlich ein Begriff. Ein Einzelzeitfahren auf komplett gesperrten Straßen inmitten einer beeindruckenden Landschaft im wunderschönen Salzburgerland. 47,2 km mit knapp 300 Höhenmetern gilt es im Uhrzeigersinn einmal um den Attersee herum zu bewältigen. Beinahe 1.400 Radfahrer aus 26 Nationen sollten laut Startliste auf die Strecke gehen, Wahnsinn! Man munkelt über eine mitreißende, familiäre Atmosphäre und professionelle Organisation (und ein ausgelassenes Fest im Anschluss, in diesem Jahr natürlich unter Berücksichtigung aller Corona-Maßnahmen), ich war gespannt wie ein Flitzebogen, was mich an diesem Tag am Attersee erwarten würde. Diverse Nachfragen, was ich mir denn vorgenommen habe, musste ich ehrlicherweise mit „absolut keine Ahnung“ beantworten, da ich weder das Event und die Strecke kannte, noch die leiseste Ahnung hatte, was ich auf dem Zeitfahrrad in dauerhafter Aeroposition überhaupt leisten kann. In der vorderen Hälfte landen, das wäre ganz nett.
Wir reisten wegen der langen Anfahrt bereits am Donnerstagabend an, hatten also noch den gesamten Freitag Zeit für eine „lockere Aufwärmrunde“ und das Abholen der Startunterlagen. Ob 110 km und 1.000 Höhenmeter als Aufwärmrunde so optimal waren, lassen wir mal dahingestellt, aber die Genussrunde zum Traunsee mit Kaffee und Kuchen in Bad Ischl, der mir beim letzten Besuch im Salzburgerland verwehrt geblieben ist, war auf jeden Fall eine Wucht. Am Nachmittag statteten wir dem Start-Ziel-Bereich natürlich noch einen Besuch ab, der sich gerade unter Hochdruck im Aufbau befand. Die Ausgabe der Startnummern verlief zügig und reibungslos, Impftzertifikat vorzeigen, Couvert mit den Unterlagen abholen, fertig! Auf der Straße tummelten sich bereits zahlreiche Teilnehmer für den Streckencheck, man hörte die Scheiben surren, konnte Material begaffen - Die Vorfreude wurde größer und größer!
Der Wettergott meinte es am Samstag mehr als gut mit uns! Strahlender Sonnenschein, ein leichtes Lüftchen und der See glitzerte in seiner ganzen Pracht. Als wir mit dem Auto am Startbereich eintrafen, herrschte bereits ein reges Treiben. Die letzten Aufbauarbeiten an der Startrampe und am riesigen Screen, der das Rennen Live übertragen würde, waren in vollem Gange und mit jeder Minute füllte sich die Straße mit Zuschauern und Teilnehmern. Pünktlich um 13 Uhr fiel unter tosendem Applaus der Startschuss für das erste 10er Team – Gänsehaut Pur! Im 45-Sekunden-Takt verließen die Teams die Startrampe, gefolgt von den 4er Teams, bis dann schließlich ab 14:07 Uhr im 15-Sekunden-Takt die Einzelstarter auf die Strecke geschickt wurden. Bis zu meinem Start um 15:40 Uhr hatten wir also nach dem Anfeuern der ersten Teilnehmer noch massig Zeit, die kann man bekanntlich immer gut mit Kaffeschlürfen und Essen verbringen. Erstaunlicherweise war ich noch recht entspannt, die Aufregung würde bestimmt erst mit voller Wucht kommen, wenn ich auf der Startrampe stehen würde.
Eine Stunde vor dem Start stülpte ich mir meinen Einteiler über, den ich trotz all der Spontanität noch zugeschickt bekommen hatte, um nicht mit Trikot fahren zu müssen (ein bisschen Professionell darf das Ganze ja wenigstens aussehen, wenn ich schon sang- und klanglos untergehe. An dieser Stelle vielen Dank an Biehler!). Auch Laufradtechnisch war ich dank der spontanen Hilfe von Radsporttechnik Müller bestens aufgestellt, damit ich nicht mit einem Alulaufradsatz auf die Strecke stiefeln musste. Jetzt mussten eigentlich nur noch die Beine einigermaßen funktionieren, die ich beim Warmfahren vorsichtig antestete und die sich irgendwie über die „Aufwärmrunde“ beschweren zu schienen. Hilft ja nichts, ein paar Mal den Aufwärmberg hoch und runter und dann ab zum Wartebereich, wo sich dir Teilnehmer bereits in bester Manier nach Startnummer eingereiht hatten. Schneller als mir eigentlich lieb war stand ich auch schon als Nächste vor der Startrampe und da war sie mit einem Schlag: Die Aufregung, als ich den Fuß auf die erste Treppenstufe setzte!
Dann ging es auch schon auf die Strecke. Von gröhlenden Zuschauern in den leichten Anstieg zu Beginn hineingetrieben, wurde es schnell danach still. Völlig alleine auf der Strecke nahm ich sofort die Position auf den Aufliegern ein und aktivierte den Tunnelmodus: Einfach nur treten. Ich fand schnell meinen Tritt, die Beine fühlten sich gut an, beinahe locker konnte ich stets Geschwindigkeiten über 40 km/h auf dem GPS stehen lassen. Schon kurz nach dem Start holte ich eine Starterin ein und mein Höhenflug begann – Bis bei Kilometer 6 das erste Mal die Nudeln an meinem Rachen anklopften, die ich 3 Stunden vor dem Start gegessen hatte. Was für eine Freude, ich hatte eigentlich besseres im Sinn als darauf zu achten, meinen Mageninhalt bei mir zu halten…Zum Glück stabilisierte sich die Angelegenheit nach ca. 5 Kilometern wieder, sodass ich mich wieder aufs Strampeln konzentrieren konnte. Zwischendurch flogen immer wieder Aeroraketen an mir vorbei, unglaublich, was dort für ein Tempo angeschlagen wurde!
Bei Km 20 nahm das Drama dann seinen Lauf, mein altbekannter Freund, der Krampf, klopfte an der rechten Wade an. Und zwar nicht nur ein kleines Krämpfchen, sondern ein waschechter Krampf, der die Wade buchstäblich außer Gefecht setzt. Ich versuchte trotzdem weiterzutreten und mich darauf zu konzentrieren, bloß keine falsche Bewegung zu machen, um das Ungetüm schnell wieder loszuwerden. In einer etwas längeren Abfahrt konnte ich das Bein kurz ausstrecken und mich hiernach, Gott sei Dank, wieder auf die wirklich wichtigen Sachen während des Rennens konzentrieren: Treten! Die Freude war leider nicht von langer Dauer, denn nach kurzer Ruhe ging es dann genau gleich auf der anderen Seite weiter, linke Wade dicht…Das gibt es doch nicht! So lange vor dem Event hatte ich kaum Probleme mit Krämpfen (ich bin da leider sehr anfällig) und ausgerechnet an diesem Tag müssen sie mich nun so dermaßen plagen? Also gleiches Spiel von vorne: Volle Konzentration auf die Bewegung, nächstbeste Möglichkeit zum Strecken nutzen. Wer schon einmal einen Wadenkrampf hatte und den Muskel trotzdem noch weiter belasten möchte, weiß vielleicht, wie unangenehm der Mist ist.
Der Schnitt sank also unaufhaltsam, zudem war die Strecke auf der zweiten Hälfte mit einigen Anstiegen gespickt und mir als „Bergelefant“ machte das natürlich zusätzlich zu schaffen. Als dann 8 km vor dem Ziel auch noch der rechte Oberschenkel anfing zu krampfen, klappte ich das Buch „Vordere Hälfte der Ergebnisliste“ imaginär endgültig zu. Nichts desto trotz animierten mich die immer wieder am Streckenrand stehenden und lautstark jubelnden Zuschauer, mir nichts anmerken und das Beste aus der Situation zu machen. Die letzte scharfe Rechtskurve läutete das Ende des Rennens ein, jetzt nochmal alles Geben und wenigstens im Zielbereich nochmal schnell aussehen! Am Ende stand dann doch tatsächlich ein 36er Schnitt auf meinem Lezyne, was letztendlich den 44. Platz von insgesamt 100 Teilnehmerinnern bedeutete. Also trotz allen körperlichen Widrigkeiten wurde das Ziel doch noch erreicht, ganz so zufrieden war ich aber verständlicherweise trotzdem nicht. Mein Fazit zu meiner Premiere am King of the Lake? Geile Stimmung, geile Organisation, geile Strecke, geile Siegerehrung und geile Party! Ich würde sagen, das schreit nach einer Wiederholung in 2022, diesmal ohne Nudeln am Renntag und einer ausgiebigen Magnesiumkur in den Wochen vorher!
Let's Try something new: King of the Lake 2021
Me and time trials? Over an hour at full throttle, keep your head down and just pedal? For me as an enthusiastic long-distance and pleasure cyclist honestly completely new territory. Although I have ridden road races for 4 years and can basically torture myself quite well, this works much better when I have a "draft horse" in front of me, to whose rear wheel I must optimally stick. So pushing myself all alone on the course to the notorious vomit line? For the King of the Lake at the beautiful Attersee in Salzburgerland, I could finally get my beautiful and now dusty time trial bike out of storage again.
The King of the Lake, for friends of cultivated cycling certainly a term. An individual time trial on completely closed roads in the midst of an impressive landscape in the beautiful Salzburgerland. 47.2 km with almost 300 meters of altitude have to be mastered clockwise once around the Attersee. According to the start list, almost 1,400 cyclists from 26 nations are expected to take to the course, which is crazy! There are rumors about a rousing, family atmosphere and professional organization (and a boisterous party afterwards, this year of course taking into account all the Corona measures), I was curious what would await me on this day at the Attersee. Various inquiries about my goal for this day, I had to answer honestly with "absolutely no idea", because I neither knew the event and the course, nor had the slightest idea, what I am capable of on the time trial bike in permanent aero position. Finish in the front half, that would be quite nice.
We arrived already on Thursday evening because of the long journey, so we still had the entire Friday for a "casual warm-up lap" and picking up the starting documents. Whether 110 km and 1,000 meters of altitude were so optimal as a warm-up lap, we leave undecided, but the lovely ride to the Traunsee with coffee and cake in Bad Ischl, which I was denied during the last visit at the Salzburgerland, was definitely a blast. In the afternoon, of course, we paid a visit to the start-finish area, which was still under heavy construction. The handing out of the start numbers went quickly and smoothly, show the vaccination certificate, pick up the envelope with the documents, done! On the road, there were already numerous participants for the track check, you could hear the discs whirring, could gape at material - the anticipation got bigger and bigger!
The weather gods meant it on Saturday more than well with us! Bright sunshine, a light breeze and the lake glistened in all its glory. When we arrived by car at the starting area, there was already a lot of activity. The final construction work on the start ramp and on the huge screen that would broadcast the race live was in full swing and with every minute the street filled with spectators and participants. Punctually at 1 p.m. the starting signal for the first 10-man team was given to thunderous applause - pure goose bumps! The teams left the starting ramp every 45 seconds, followed by the 4-person teams, until the individual starters were finally sent out onto the course every 15 seconds from 2:07 p.m. onwards. Until my start at 3:40 p.m. we still had plenty of time after cheering on the first participants, which as you know can always be spent sipping coffee and eating. Surprisingly, I was still quite relaxed, the excitement would certainly come with full force when I would stand on the starting ramp.
One hour before the start I put on my one-piece suit, which I got despite all the spontaneity still sent, so that I do not have to ride with jersey (the whole thing may look at least a little bit professional, if I go down without a sound, at this point many thanks to Biehler!) Thanks to the spontaneous help of Radsporttechnik Müller, I was also well positioned in terms of wheel technology, so that I didn't have to go onto the track with an aluminum wheelset. Now actually only the legs had to work, which I tested carefully during the warm-up and which somehow seemed to complain about the "warm-up lap" the day before. Helps nothing, a few times up and down the warm-up hill and then off to the waiting area, where the participants had already lined up in the best manner by race number. Faster than I would have liked, I was the next to stand in front of the start ramp and there it was in one fell swoop: the excitement when I set foot on the first step!
Then it already went off. Driven by roaring spectators into the slight rise at the beginning, it quickly became quiet afterwards. Completely alone on the track, I immediately took up position on the aerobar and activated tunnel mode: just pedal. I quickly found my footing, the legs felt good, almost easily I could always leave speeds above 40 km/h on the GPS. Shortly after the start I caught up with a starter, the flight of fancy began - until at kilometer 6 the noodles knocked on my throat for the first time, which I had eaten 3 hours before the start. What a joy, I had actually better in mind than to pay attention to keep my stomach contents with me ... Fortunately, the matter stabilized after about 5 kilometers again, so I could concentrate again on pedaling. In between, aero rockets flew past me again and again, unbelievable how high their speed was!
Then at km 20 the drama took its course, my old friend, the cramp, knocked on the right calf. And not just a small cramp, but a real cramp that literally put the calf out of action. I tried to
keep pedaling anyway, concentrating on not making any wrong moves to get rid of the monster quickly. In a longer downhill I was able to stretch out my leg for a short while and thank God I was
able to concentrate again on the really important things during the race: Pedaling! The joy was unfortunately not of long duration, because after a short rest it went then exactly the same on the
other side and I welcomed the next cramp in my left calf ... Not possible! So long before the event I had nearly no problems with cramps (I am unfortunately very susceptible to them) and on this
day of all days they have to plague me so much? So the same game from the beginning: Full concentration on the movement, use the next best opportunity to stretch. Anyone who has ever had a calf
cramp and still wants to continue to strain the muscle may know how unpleasant the crap is.
So the cut sank inexorably, in addition, the route was peppered with some climbs on the second half and I as a "mountain elephant" came to sweat on these climbs properly. When then 8 km before
the finish also the right thigh began to cramp, I folded the book "front half of the result list" imaginary finally. Nevertheless, the spectators standing at the edge of the course and cheering
loudly animated me not to notice anything and to make the best of the situation. The last sharp right turn heralded the end of the race, now again give everything and at least look a little fast
in the finish area! At the end there was actually an average of 36 km/h on my Lezyne, which ultimately meant the 44th place of a total of 100 participants. So despite all the physical adversity,
the goal was still reached, but understandably I was not quite so satisfied. My conclusion to my premiere at the King of the Lake? Great atmosphere, great organization, great course, great award
ceremony and great party! I would say that screams for a repeat in 2022, this time without noodles on race day and an extensive magnesium cure in the weeks before!
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